Diese Podcastfolge zeigt Herstellern, wie sie ihre Geräte IoT-fähig machen können und produzierenden Betrieben, wie sie mithilfe einer IoT-Waage ihr Teilemanagement optimieren können. Die HK.SYSTEMS GmbH, Partner für digitale Geschäftsmodelle und den schnellen, effektiven Einstieg in die Digitalisierung, hat in Folge 63 des IoT Use Case Podcasts zwei Tochterfirmen mitgebracht – HELICOM und ROBIOTIC – um die Lösungen dafür vorzustellen.
Zusammenfassung der Podcastfolge
Viele Hersteller von Geräten, industrieller Automatisierung oder Komponenten gehen heutzutage den Weg, die Daten aus der Hardware für Kunden nutzbar zu machen und neue Services zu entwickeln! Warum? Bislang hat der klassische Hardwarevertrieb diese in großer Stückzahl verkauft – so das Kerngeschäft – doch heute wollen Endkunden die Daten aus den Geräten und Komponenten mehr und mehr einsetzen und in ihre Prozesse integrieren – das fordert neue Kompetenzen und digitale Lösungen.
Genau diese neuen Geschäftsmodelle und Services werden in dieser Folge am Beispiel von drei realisierten Use Cases vorgestellt: unter anderem einem Use Case mit der Firma WÜRTH – dem Spezialisten für Montage- und Befestigungsmaterial – mit der Gesellschaft Würth Industrie Service GmbH & Co. KG und einem Use Case aus dem Bereich der „Gefahrstoffe“ (DENIOS).
Es wird gezeigt, worauf es für Kunden hier ankommt, welche Geschäftsmodelle sich ergeben, und wie man es schafft, in sechs Wochen zum ersten IoT-Produkt zukommen.
Die Themen und Kompetenzen auf einen Blick:
• Schnelligkeit der Umsetzung: von der Idee bis zum Funktionsmuster in 6 Wochen
• Entwicklungskompetenz von der Hardware bis zum Betrieb der Lösung
• Autarke und flexible Lösung durch Mobilfunkübertragung OHNE Involvierung der lokalen IT (z.B. WLAN)
• Lange Laufzeit durch Nutzung von NB-IoT Funkstandard und intelligenter Algorithmik der Übertragung
Madeleine Mickeleits Podcastgäste in Folge 63: Sven Ehrmann (CEO & Head of Digital Business, HK. SYSTEMS), Thomas Krekeler (Geschäftsführer ROBIOTIC GmbH) und Viktor Giesbrecht
(Firmenleitung, HELICOM)
Podcast Interview
Sven, ich glaube, viele IoT-Projekte befinden sich noch ganz am Anfang. Es gibt die Proof-of-Concepts, die gestartet sind, aber viele Projekte scheitern immer noch – oder es gibt zumindest Herausforderungen, sagen wir mal so. Was sind aus deiner Sicht die Top-3-Gründe, warum Digitalisierungsprojekte heute scheitern?
Sven
Vielen Dank für die wirklich gute Frage, Madeleine. Das Spannende ist, dass sich das über die letzten Jahre gar nicht so sehr verändert hat. Ich beschäftige mich selber schon seit knapp 20 Jahren mit digitalen Geschäftsmodellen und M2M- und IoT-Themen. Und die größte Herausforderung, die nach wie vor besteht, ist – das werden sehr, sehr viele Kunden gerade aus dem deutschen Mittelstand kennen: Know-how und Ressourcen.
Habe ich denn wirklich im eigenen Unternehmen genug Know-how? Mitarbeiter, die sich mit digitalen Themen in der Tiefe auskennen, sowohl auf der Hardware- als auch auf der Software-Seite? Und habe ich auch genug Ressourcen, die solche Projekte tatsächlich durchziehen können? Das ist etwas, worüber wir sehr viele Gespräche in unserem Kundenklientel führen und wo wir natürlich auch ein guter Partner sind, um dort zur Seite zu stehen und unterstützen zu können.
Der zweite Punkt ist das ganze Thema der Schnittstellen-Koordination. Wir haben eine sehr, sehr große Bandbreite an unterschiedlichen Themen, die in einem IoT-Projekt zu realisieren sind. Das fängt an mit den IoT-Devices, also der Hardware. Es geht über die Datenübertragung, sprich Konnektivität. Wir haben das ganze Thema des Daten-Handlings in der Cloud – wie gehe ich mit diesen Daten um? Wie gebe ich die auch wieder aus? … Ich habe Schnittstellen zu eigenen Systemen oder vielleicht sogar zu eigenen Applikationen, und ich muss das betreiben. Ich brauche Service dafür. Und nicht zu vergessen am Ende des Tages: natürlich auch die IT-Security, die immens wichtig ist, um sicher unterwegs zu sein.
Und selbst wenn ich Spezialisten in einzelnen Bereichen habe – die Koordination dieser Schnittstellen ist eine große Herausforderung und frisst häufig in den Projekten unglaublich viel Zeit. Das führt mich auch schon zum dritten Grund: Die Angst vor dem Scheitern. Was wir immer wieder merken, ist, sobald es vor allem schwierig wird in Form von, es dauert länger als ursprünglich angenommen, dann werden Projekte im Digitalisierungsumfeld häufig schon kritisch betrachtet, manchmal sogar praktisch eingestellt. Gar nicht etwa, weil sie auf dem falschen Weg gewesen wären. Sondern weil es einfach Hürden zwischendrin gibt, die an der Stelle schwierig werden. Die darauf hindeuten, dass es deutlich länger geht. Und da ist es wichtig, sich von Anfang an einfach klarzumachen, wie kann ich diese Schnittstellen perfekt koordinieren, oder bestmöglich koordinieren, um nicht unnötig Zeit zu verbrauchen? Aber auch den Mut zu haben, wenn es schwierig wird, über diese Hürde drüberzugehen und dann die nächsten Schritte erfolgreich in Angriff zu nehmen.
Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus
Thomas, wenn wir noch mal an den Anfang zurückgehen: Viele sind vielleicht noch gar nicht da, wo Würth heute ist. Trotzdem würde ich mal so ein bisschen die Herausforderung von Würth herausstellen, wie man so ein Projekt startet. Was sind die Potenziale, die sie gesehen haben? Womit sind sie am Anfang gestartet?
Thomas
Sven hat es schon angedeutet: Ein hoher logistischer Aufwand und ein hoher personeller Aufwand für Würth, der diesen Service ja prinzipiell schon in der Vergangenheit angeboten hat. Die Challenge, diesen Prozess zu digitalisieren, war, eine Hardware zu finden, die einmal das Thema Wiegen übernimmt, kompatibel ist zu bereits bestehenden Kanban-Behältern. Das heißt, perfekt angepasst an das System, das sie vor Ort ausgerollt haben. Und die Sicherstellung, dass die Systeme, die dann ausgerollt werden, Plug-and-Play-funktionabel sind. Das heißt, die müssen wirklich beim Kunden aufgestellt und eingeschaltet werden und funktionieren. Sie müssen auch von der Datenverbindung her immer verfügbar sein – denn das System funktioniert natürlich nur dann, wenn man sich auf die Hardware verlassen kann.
Das ist auch Teil von Viktors Aufgabe gewesen, eine Funkverbindung zu schaffen, die datensparsam arbeitet, aber auch gut erreichbar ist in Umgebungen, die vielleicht mit normalem Mobilfunk nicht erreichbar sind. Da nutzen wir die Narrow-Band-IoT-Technologie.
Das war die Herausforderung bei Würth und da konnten wir sie sehr gut unterstützen.
Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien
Sven, ihr habt schon ein bisschen angeteasert: Ihr habt jetzt irgendwo ein intelligenteres System mit einer ERP-Integration geschaffen, wo man diese Daten auch über eine Waage aufnimmt. Kannst du uns ein bisschen abholen, vielleicht von der Hardware in die Cloud – wie funktioniert eure Lösung? Was habt ihr genau gebaut?
Sven
Wir haben ein Waagensystem entwickelt; der Produktname heißt iSCALE. Darunter wird das bei Würth auch tatsächlich im Markt vertrieben und ist jetzt in der Serie und beim ersten Kunden im Einsatz. Das ist ein vollautomatisiertes Kanban-System. Das heißt, in der Produktion beim Kunden, am Montageplatz beim Kunden stehen die Kanban-Behälter in wie so einem Regal. Das war in der Vergangenheit schon so. Bis dato aber so, dass immer zwei Kanban-Behälter hintereinander gelagert werden. Sobald der erste leer ist, wird der oben auf das System gestellt, der zweite rutscht nach vorne – und wenn der Würth-Mitarbeiter, hoffentlich, pünktlich vorbeikommt, wird das leere Behältnis wieder aufgefüllt und wieder hinten einsortiert.
Das heißt, zum einen ein rein manueller Prozess und zwei Behälter hintereinander, was eine gewisse Tiefe des Systems mit sich gebracht hat.
Wir haben jetzt eine Waage entwickelt, auf der jeder einzelne Kanban-Behälter steht. Das heißt, jeder einzelne hat eine eigene Waage, hat eine eigene batteriebetriebene Stromversorgung und ein eigenes Funkmodul. Also nicht das ganze System sendet einmal über ein Modul, sondern jede einzelne Waage sendet ihre Daten über unsere Cloud an das ERP von Würth. Somit haben wir eine optimale Redundanz, aber auch eine maximale Unabhängigkeit von der Situation beim Endkunden von Würth. Das heißt, wir brauchen keinen Stromanschluss, wir brauchen keine Verbindung zum Beispiel zum WLAN – was unserer Erfahrung nach häufig der wichtigste Grund ist, warum Dinge nicht gut funktionieren: Ich muss mit der IT beim Kunden sprechen, ich brauche Zugangsdaten; was passiert, wenn sich Konfigurationen beim Kunden ändern?
Das heißt, es funktioniert wirklich komplett autonom, und Würth hat eine große Sicherheit, immer Zugriff auf die Daten zu haben und somit zu wissen – über die Wiegefunktion und die Übermittlung der Daten ans ERP –, in welcher Geschwindigkeit nehmen die Teile ab und wann muss ich vor Ort wieder für neue Teile in diesem Behältnis sorgen? Diesen Prozess haben wir vereinfacht.
Und der zweite Vorteil, der sich in der Praxis auch als relevant herausgestellt hat, ist: Ich habe nur noch EINEN Behälter pro Teil. Das heißt, ich brauche diese Tiefe nicht mehr – das System ist nur noch halb so groß in etwa, halb so tief wie das ursprüngliche. Das ist bei Platzknappheit ein relevanter Wettbewerbsvorteil für dieses System.
Ergebnisse, Geschäftsmodelle und Best Practices – So wird der Erfolg gemessen
Es steht und fällt immer mit dem Business Case – am Ende wollen wir damit wirklich Kosten einsparen oder Umsatz steigern. Ein neues Geschäftsmodell aufsetzen oder einfach, wie beschrieben, einen Service optimieren. Zusammengefasst, Sven, was ist der Business Case für Würth, ganz kompakt?
Sven
Der Business Case für Würth ist tatsächlich die Prozessoptimierung und die Attraktivität des Systems bei einem Kunden – wodurch natürlich neue Kunden und neue Systeme beim Kunden platziert werden können. Um vielleicht gerade hier noch mal den Schwenk zur DENIOS machen: DENIOS war bisher ein reiner Hardwarelieferant. Das heißt, die Detektion von Gefahrstoffen wurde als Stück Hardware verkauft. Mit dem DIGITALEN Produkt ist DENIOS jetzt in der Lage, das gar nicht mehr zwingend an den Kunden zu verkaufen, sondern – ähnliche wie man das zum Beispiel aus der Mobilfunkbranche kennt, das Handy wird subventioniert – das Stück Hardware wird beim Kunden günstig platziert. Und über die Laufzeit und Serviceentgelte lassen sich eine lange Kundenbeziehung und entsprechende Revenues realisieren.
Übertragbarkeit, Skalierung und Nächste Schritte – So könnt ihr diesen Use Case nutzen
Ich finde es immer spannend, über die Übertragbarkeit der Use Cases zu sprechen. Habt ihr denn noch andere Kunden oder Ideen, wo ihr sagt, im Laufe dieser Gespräche sind plötzlich noch diese und jene Sachen gefallen, oder der Kunde hat gesagt, »Mensch, das ist ja so ähnlich, können wir bei uns auch anwenden!« Habt ihr da so ein paar Best Practices, wie man diese Use Cases, die ihr vorgestellt habt, geschäftlich übertragen kann?
Thomas
Nehmen wir mal DENIOS, wo wir eben mit dem Leckage-Sensor angefangen hatten, der nichts weiter tun sollte, als sicherzustellen, dass die Gefahrstoffe nicht auslaufen. Mittlerweile haben wir da ganz viele unterschiedliche Projekte. Wir vernetzen jetzt deren Raumsysteme, bieten dazu kompletten Service. Ist die Tür des Gefahrstofflagers zu? Läuft die Klimaanlage? All die Informationen, die sich um das Thema Gefahrstoffe im Raumsystem abspielen. Davon ableitend kann man natürlich das Thema Gebäudemanagement beispielsweise nehmen. Das ist ja derselbe Use Case – sind alle Lampen heile? Ist das Licht an oder aus? Also man kann eigentlich mit ein bisschen Fantasie aus jedem IoT-Projekt weitere Ideen ableiten.
Nicht zuletzt hatten wir beispielsweise mal für die Firma Rastal einen intelligenten Bierdeckel entwickelt, der mit einem Bierglas kommuniziert – ich meine, das ist ja erst mal ganz weit weg von irgendwelchen IoT-Use-Cases, wenn man darüber nachdenkt. Wichtig ist, das betone ich hier noch mal, eine Betrachtung des Geschäftsmodell. Ansonsten ist jedes IoT-Projekt eine Totgeburt. Denn am Ende muss jede Firma die Rechnung bezahlen; der Aufwand muss sich irgendwo wiederfinden – entweder durch verbesserte Services oder durch Beschleunigung oder was auch immer. Das ist die wesentliche Thematik in dem Kontext.